Ex-Marillion-Sänger Fish bringt in diesen Tagen die Doppel-Live-CD "Return to childhood" heraus. Fish präsentiert darauf das gesamte Prog-Meisterwerk "Misplaced childhood", mit dem er und Marillion 1985 Musikgeschichte schrieben. Derek William Dick – so sein bürgerlicher Name – plauderte mit uns über die echte Kayleigh, die Reise in die Vergangenheit und die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland.
Fish, du reist nun zurück in die Zeit und kehrst zum wahrscheinlich besten Marillion-Album aller Zeiten zurück. Warum hast du diesen Weg gewählt, anstatt neues Material für deine Solokarriere zu schreiben?
Ich war einfach noch nicht bereit, um wieder ins Studio zu gehen. Gleichzeitig wollte ich aber unbedingt wieder touren. Nachdem ich „Misplaced Childhood“ vor einigen Jahren bei einer Fanclub-Convention schon einmal gespielt hatte, bekam diese Idee einen bestimmten Reiz. Und diese Auftritte haben auch wirklich Spaß gemacht, was auf der Live-Doppel-CD offensichtlich ist. Ich habe dabei aber auch realisiert, wie sehr ich es genieße, diesen Musikstil zu spielen, und ich bin sicher, dass sich das in meinem Songwriting wieder niederschlagen wird.
Du hast ja Kayleigh, die Frau, aus dem bekanntesten Marillion-Hit, einmal wieder in einem Restaurant erblickt, bevor sie plötzlich verschwand. Hast du sie seitdem je wieder gesehen?
Ja, ich habe sie vor einigen Monaten getroffen, als sie zu einem meiner Auftritte erschien. Wir haben uns sofort wieder gut verstanden und es war interessant auszutauschen, welche Wege unsere Leben eingeschlagen haben.
Dein Leben kennt die Öffentlichkeit, was macht sie?
Sie ist glücklich verheiratet und hat fünf Kinder. Wir bleiben auf jeden Fall Freunde.
Der Song „Kayleigh“ handelt also von einer wahren Begebenheit. Wieviel deines Lebens steckst du in deine Songtexte?
Es ist schwierig mein Leben aus den Songtexten herauszuhalten, da es manchmal eine dramatische Neigung aufweist. Wenn ich diesen Einfluss auf meine Texte verhindern wollte, würde ich manchmal großartiges Material ignorieren (lachend).
Du hast einmal gesagt, dass du „Misplaced childhood“ nicht gänzlich im Studio neu einspielen wollen würdest, wie du es mit einigen anderen Marillion-Songs (auch „Kayleigh) schon getan hast, weil es da damals dieser ganz spezielle Geist in der Band herrscht. Ist es da nicht etwas inkonsequent, es nun ohne die Jungs live aufzuführen?
Nein. Meine Interpretation der Songs ist live eine andere und viele Leute haben mir gesagt, dass es frischer klingt.
Wenn wir gerade schon einmal von Konzeptalben sprechen: Die große Zeit dieser Musikart ist lange vorbei. Glaubst du, dass sie wiederkommt? Dass man Geschichten wieder über mehr als eine Singlelänge erzählen wird?
Ja, natürlich. Ich glaube auch nicht, dass die Zeit vorüber ist. Ich denke eher, dass es fortwährend so war, wenn ich ehrlich bin.
Zumindest deine Ex-Bandkollegen versuchen sich auch immer wieder daran. Was denkst du über die Alben, die sie nachdem du Marillion verließest, veröffentlicht haben?
Sie haben eine ganz andere Richtung eingeschlagen, als die, die ich ausgewählt habe.
Du hast einmal erzählt, dass dir 50 Prozent der Marillion-Songs gehören. Was heißt das genau? Gibt es da etwa Beschränkungen, was du spielen darfst und was nicht?
Ich besitze 50 Prozent der Veröffentlichungsrechte, weil ich die Texte und die Hauptmelodien geschrieben habe. Es gibt überhaupt keine Einschränkungen und mein derzeitiges Verhältnis zur Band ist sehr gut. Sie profitieren übrigens natürlich auch davon, wenn das Material live oder im Radio gespielt wird.
Das Artwork der Live-CD ist einmal wieder herausragend und spannt den Bogen perfekt zur Original-Aufnahme und deren Outfit. Ist wieder Mark Wilkinson für das Artwork verantwortlich?
Ja, Mark ist wieder am Ruder, wie immer. Die neue Interpretation der 2006er-Version ist freundlich, aber sie lässt auch eine Menge Raum. Er hat großartige Arbeit auf den letzten Hüllen der aktuellen Best-of „Bouillabaisse“ geleistet. Ich halte dieses Artwork für meinen persönlichen Favoriten.
Nun zum Sport: Du bist ein riesiger Fußballfan, wirst du in Deutschland im Sommer sein und einige Spiele sehen?
Mit Bedauern muss ich sagen, dass ich das nicht machen werden, da Schottland es ja leider nicht geschafft hat, sich zu qualifizieren. Ich bin ja ein Fan von Hibernian FC Edinburgh, Schottland und von jedem anderen Team, das gegen England spielt, haha.
Und welches Land wird am Ende des Finales den Titel Weltmeister tragen können?
Der Gewinner ist schwer vorauszusagen aber Deutschland ist Top-Favorit auf den WM-Titel. Ich glaube aber auch, dass die afrikanischen Mannschaften viele Leute überraschen werden.
Und zum Abschluss: Wenn du ein Charakter der „Simpsons“ wärst, wer würdest du sein?
Ganz klar: Homer. DOH (das englische „NEEIN“ von Homer Simpson – die Red.)
Warum denn das?
(lacht) Na, wir haben eine ähnliche Auffassung vom Leben und manchmal das selbe Scheiß-Glück.
Danke für das Gespräch.
Das Interview führte Thorsten Seiffert
Master Chief, Junge für alles, Fotograbenkämpfer und Textakrobat. Herausgeber und Erfinder.